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Mangelernährung im Alter vorbeugen

Seit mehr als zehn Jahren erarbeitet und aktualisiert eine Arbeitsgruppe im GZW Empfehlungen für Betroffene und Angehörige

Im Krankenhaus wird das Essen serviert, im heimischen Umfeld müssen vor allem alleinstehende Seniorinnen und Senioren oft selbst aktiv werden. Bei nachlassendem Hunger- und Durstgefühl kann das problematisch werden.

(HR) Nach einem Sturz im Garten wird Werner B. (79) ins Krankenhaus eingeliefert. Glücklicherweise sind seine starken Schmerzen an Bein und Hüfte auf Prellungen zurückzuführen, gebrochen ist nichts. Was allerdings auffällt: Er wirkt ziemlich abgemagert und kraftlos, seine Lippen sind rissig. „Bei einem solchen Erscheinungsbild entsteht schnell der Verdacht auf Mangelernährung“, sagt Sarah Flinch. Gemeinsam mit Mitarbeitern der Diätassistenz sowie dem pflegerischen und ärztlichen Team erarbeitet die Logopädin in der AG Mangelernährung des GZW Standardempfehlungen für Krankenhauspersonal, Betroffene und Angehörige.

Da Werner B. über anhaltende Kopfschmerzen klagt und deshalb eine Gehirnerschütterung nicht ausgeschlossen werden kann, wird er zur weiteren Beobachtung stationär aufgenommen. Dies gibt den Pflegekräften Gelegenheit, ein Screening auf Mangelernährung durchzuführen, was bei einer stationären Aufnahme zum Standard gehört.

Während des dazugehörigen Gesprächs stellt sich heraus, dass Werner B. seit dem Tod seiner Frau ein Jahr zuvor allein lebt. Nach seinen eigenen Angaben hat er, obwohl durchaus rüstig und begeisterter Hobbygärtner, bereits seit einigen Monaten keinen Appetit mehr und im Lauf der vorgegangenen Monate acht Kilogramm an Gewicht verloren. „Jetzt passen mir meine alten Hosen wieder“, berichtet er stolz, doch die Pflegefachkraft vermag die Freude darüber nicht zu teilen. Weitere Nachfragen ergeben, dass sein Mund ständig trocken ist, was ihm das Kauen und Schlucken erschwert und die Lust am Essen nimmt.

Im Austausch mit der zuständigen Ärztin werden folgende Maßnahmen für den Patienten definiert: Bestellung einer energiereichen Kost sowie Veranlassung von Maßnahmen zur Verbesserung der Mundtrockenheit. Erfreulicherweise wirkt sich dies direkt positiv auf den Appetit aus. Außerdem wird eine Ernährungsfachkraft hinzugezogen, die Werner B. darüber berät, wie er seine Ernährung umstellen kann, um einem weiteren Gewichtsverlust vorzubeugen.

„Etwa jeder vierte Klinikpatient in Deutschland ist mangelernährt“ – immer wieder in den letzten Jahren ploppt diese Schlagzeile auf und dominiert für einige Stunden Zeitungen, Nachrichtensendungen und Magazine. Besonders häufig betroffen von diesem Phänomen sind alte und / oder kranke Menschen, weshalb die Problematik allgemein zunimmt. In den Krankenhäusern der Gesundheitszentrum Wetterau gGmbH in Bad Nauheim, Friedberg und Schotten beschäftigt sich eine Arbeitsgruppe bereits seit mehr als zehn Jahren intensiv mit diesem Thema. Für Patienten und   Angehörige wurden Anzeichen und Ursachen der Mangelernährung sowie Hilfsmöglichkeiten 2014 erstmals in einem Flyer zusammengefasst, der aktuell überarbeitet wurde und jetzt neu gedruckt wird.

Anlass für die Bildung der Arbeitsgemeinschaft und die Entscheidung, einen Flyer zu erstellen, waren die wiederholten Erfahrungen der Pflegekräfte auf den Stationen der GZW-Krankenhäuser. „Immer wieder kamen Patientinnen und Patienten mit schlechtem Allgemeinzustand, den weder sie noch ihre Angehörigen sich erklären konnten“, berichtet Sarah Flinch. Vorrangiges Ziel der Arbeitsgemeinschaft ist das Thema Mangelernährung einer breiteren Öffentlichkeit darzustellen, zu sensibilisieren, Symptome zu erläutern, auf Risiken und Folgen aufmerksam zu machen und Empfehlungen für Maßnahmen zu geben. Schließlich schien es sinnvoll, die wesentlichen Punkte schriftlich zusammenzufassen, um sowohl allen Kolleginnen und Kollegen, aber vor allem auch den Betroffenen und ihren Angehörigen eine komprimierte Anleitung an die Hand geben zu können.

„In vielen Fällen sind es einfache Maßnahmen, die helfen können, das Entstehen oder Fortbestehen von Mangelernährung zu vermeiden“, betont Sarah Flinch. So sei es wichtig, den Appetit des Betroffenen anzuregen mit fünf bis sechs kleineren Mahlzeiten, die über den Tag verteilt werden. Dafür könne man zwischen den Hauptmahlzeiten energiereiche Snacks (Sahnejoghurt, Nüsse, Müsliriegel, Eiscreme, Gebäck) anbieten. Vor der warmen Mahlzeit könne man eine kleine Portion Cremesuppe reichen, Süßspeisen und Getränke mit Traubenzucker oder Maltodextrin anreichern und zum Frühstück oder Abendessen ein Glas Multivitamin- oder Orangensaft servieren. Wichtig sei, die empfohlene Tagestrinkmenge (1,5 Liter) schon morgens bereitzustellen. Geeignet seien Frucht- und Gemüsesäfte, Malzbier, Kräuter- und Früchtetee, Mineralwasser und Kaffee.

Anzeichen und Folgen einer Mangelernährung

Mögliche Anzeichen einer Mangelernährung sind unter anderem unbeabsichtigter Gewichtsverlust, ein unterernährtes Aussehen wie z.B. eingefallene Wangen, tiefliegende Augen, vorstehende Knochenvorsprünge oder zu weit gewordene Kleidung, außerdem Appetitlosigkeit, nachlassendes Durstempfinden, einseitige Ernährung, das Auslassen oder Ablehnen von Mahlzeiten, körperliche Schwäche, Hautveränderungen, Kau- und Schluckbeschwerden, Teilnahmslosigkeit und Depressionen, steigende Infektanfälligkeit.

Folgen der Mangelernährung zeigen sich an fast allen Teilen des Körpers. Muskelmasse und -kraft gehen verloren, wodurch die Bewegungsabläufe gestört werden und das Sturzrisiko steigt. Ein geschwächtes Immunsystem macht anfälliger für Krankheiten und verzögert Genesungsprozesse schon bei kleinen Wunden, das Risiko, einen Dekubitus zu entwickeln, nimmt zu. Auch die Herzmuskelmasse und das Schlagvolumen des Herzens können sich verringern, was zu Herzrhythmusstörungen führen kann. Allgemein fühlt sich der Betroffene müde, schwach und antriebslos, er verliert Lebensfreude und -qualität. Schließlich: Die Gefahr, neurologische Störungen bzw. eine Demenz zu entwickeln, steigt.