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Geriater aus Leidenschaft

Chefarzt Dr. med. Jörn Kuntsche geht in den wohlverdienten Ruhestand

Er weiß jetzt schon, dass er seine Arbeit und sein Team vermissen wird: Dr. med. Jörn Kuntsche, Chefarzt der Klinik für Geriatrie, geht in Ruhestand.

Bad Nauheim (HR). In der Geriatrie am GZW ist er „der Mann der ersten Stunde“: Dr. med. Jörn Kuntsche hat die Klinik für Altersmedizin am Bürgerhospital Friedberg mit aufgebaut, leitet sie seit ihrer Gründung 2001 erst als Leitender Oberarzt und seit 2006 als Chefarzt und verantwortet den schrittweisen Ausbau der Abteilung auf insgesamt 75 stationäre Betten an den Standorten Friedberg und Schotten sowie vier tagesklinische Betten in Friedberg. Nun geht der Geriater aus Leidenschaft in den Ruhestand – und weiß jetzt schon, dass er seine Arbeit und sein Team vermissen wird.

Der gebürtige Frankfurter ist ein eher ruhiger und bodenständiger Typ, besonnen und ausgeglichen, keiner, der sich vordrängt. Sein Medizinstudium absolvierte er an der Johann-Wolfgang-Goethe-Universität in Frankfurt, das praktische Jahr im Kreiskrankenhaus Bad Soden mit dem Wahlfach Radiologie. Es folgten vier Jahre an der William Harvey Gefäßklinik in Bad Nauheim und die Promotion an der Uniklinik in Frankfurt.

Seine Assistenzarztzeit führte Dr. Kuntsche an die seinerzeit von Dr. Jochen Meier geleitete Innere Abteilung des Bürgerhospitals Friedberg. Er erwarb seinen Facharzt für Innere Medizin und erhielt die Möglichkeit, an der geriatrischen Klinik des Elisabethstifts in Darmstadt eine Weiterbildung für Geriatrie zu absolvieren. „Fast zeitgleich mit der Zusage aus Darmstadt für mich kam vom Land Hessen der positive Bescheid für die Einrichtung einer geriatrischen Abteilung am Bürgerhospital. Mit Dr. Meier und der Verwaltungsleitung habe ich daraufhin vereinbart, nach erfolgreicher Weiterbildung nach Friedberg zurückzukommen“, erinnert sich der 65-Jährige.

Die Geriatrie ist eine vergleichsweise junge medizinische Disziplin. Sie wurde in der ersten Hälfte des 20. Jahrhundert sukzessive von Medizinern in Österreich, den USA und England entwickelt. In Deutschland wurde die erste geriatrische Fachklinik 1967 im hessischen Hofgeismar gegründet. Sie arbeitete mit großem Erfolg, woraufhin 1992 Politiker, Krankenkassenvertreter und Ärzte gemeinsam das erste hessische Geriatriekonzept erarbeiteten – verbunden mit der Festlegung, dass in jedem Landkreis zur medizinischen Versorgung älterer Menschen mindestens eine Geriatrie eingerichtet werden sollte.

Im Oktober 2001 war es im Wetteraukreis soweit: Die Klinik für Geriatrie am (damals kreiseigenen) Bürgerhospital Friedberg öffnete mit 23 Betten. Deren Zahl wurde 2006 auf 40 Betten und 2016 auf die jetzt noch vorhandenen 57 Betten erweitert. Angesichts des weiterhin steigenden Bedarfs auch im Vogelsbergkreis wurden 2017 im Kreiskrankenhaus Schotten 18 internistische in geriatrische Betten umgewandelt. Schließlich etablierte man als Bindeglied zwischen stationärer und ambulanter Versorgung 2019 vier tagesklinische Betten im Bürgerhospital.

In den Anfangsjahren mussten Dr. Kuntsche und sein Team auch Überzeugungsarbeit leisten. „Oftmals wurde die Geriatrie mit der Gerontopsychiatrie verwechselt, das gab dann Vorbehalte bei Patienten ebenso wie bei ihren Angehörigen. Inzwischen ist dies aber deutlich weniger geworden“, so der scheidende Chefarzt.

Von Anfang an gab es allerdings auch viel positive Resonanz. Die „hohe Dankbarkeit der Patienten, die mit unserer Hilfe von einem Tiefpunkt ihrer körperlichen und oftmals auch psychischen Kraft wieder heraufgebracht werden können“, nennt Dr. Kuntsche rückblickend als einen von zwei wesentlichen Faktoren dafür, dass seine Begeisterung für die Altersmedizin über all die Jahre ungebrochen geblieben ist. Als zweiten bestimmenden Faktor sieht er „die sehr bereichernde Arbeit in einem multiprofessionellen Team, wo man fast täglich voneinander noch viel lernen kann“.   

Die Arbeit in der Geriatrie erfordere einen ganzheitlichen Ansatz, denn die Beschwerden vieler Patienten seien tiefgehender als rein körperlicher Natur, resümiert Dr. Kuntsche seine langjährigen Erfahrungen: „Neben den akuten medizinischen Problemen wie Schmerzen, Luftnot, Kraftverlust sind es hauptsächlich die Zukunftsängste, die die Patienten belasten. Hier vor allem die Frage, ob man wieder alleine oder mit seinem Partner selbstständig zu Hause weiter wohnen bleiben kann.“ Deswegen sei eine intensive Betreuung durch Pflege, Ärzte und Therapeuten nötig, außerdem müsse man sich ausreichend Zeit nehmen für Gespräche mit den Patienten. Wichtig: „Bei problematischeren Fällen können wir auch jederzeit unsere Psychologen hinzuziehen.“

Ende des Monats Mai wird Dr. Kuntsche nun „seine“ Geriatrie an Nachfolger Dr. Jens Axmann übergeben – im Prinzip ein wohlbestelltes Haus trotz der seit Jahren latenten Personalknappheit im Gesundheitswesen und der politisch gewollt zunehmend knapper werdenden finanziellen Ressourcen. Für zwei oder drei Monate will Jörn Kuntsche dann erst einmal durchatmen und dabei in Ruhe seinen Ruhestand planen. Mehr Sport will er auf jeden Fall machen, verstärkt kulturelle Angebote nutzen und in heimatnahe Kurzurlaube fahren. Und in alter Verbundenheit wird er „seiner“ Geriatrie künftig wenigstens als „Feuerwehr“ zur Verfügung stehen. Schließlich geht man nie so ganz…